Dipl.-Ing. Herbert Trauernicht, Gebäudemesstechnik
 

"Luftdichtheit" linguistisch betrachtet  


Warum eigentlich sagt man "Luftdichtheit" und nicht "Luftdichtigkeit"? Welcher Begriff ist denn der richtige?

In der Umgangssprache werden die Ausdrücke "Luftdichtigkeit", "Luftdichtheit" und "Luftdichte" ohne Unterscheidung durcheinander gemischt und als Synonyme benutzt. "Luftdichtigkeit" geht einem in Anlehnung an andere Alltagswörter wie "Schnelligkeit", "Helligkeit" oder auch "Luftigkeit" (von "luftig" abgeleitet) leicht von der Zunge.

Der in der Fachsprache richtige Ausdruck ist aber "Luftdichtheit", ein fest definierter Terminus. Im Gegensatz zu umgangssprachlichen Ausdrücken werden an Termini bestimmte Anforderungen gestellt. Sie sind fest (möglichst eineindeutig) definiert und sollen in ihrer Bildung möglichst transparent und motiviert sein. Ein Terminus bezeichnet einen ganz bestimmten Sachverhalt, während Ausdrücke der Umgangssprache oft vage und mehrdeutig sind. Ein Terminus sollte sich also am besten von ähnlichen umgangssprachlichen Ausdrücken abheben.

Inkonsequente Wortbildungen aus der Umgangssprache werden in der Fachsprache möglichst vermieden. "Luftdichtig" gibt es ja eigentlich gar nicht als Adjektiv, sondern nur "luftdicht". Deshalb ist es konsequenter, das Substantiv "Luftdichtheit" und nicht "Luftdichtigkeit" zu nennen.

Eine weitere konsequente Substantivierung von "luftdicht" ist "Luftdichte" (so wie bei "schnell" "Schnelligkeit" und "Schnelle" möglich ist und bei "hoch" "Höhe" und "Hoheit"). Warum geht also nicht auch "Luftdichte"? Hier ist wieder die Fachsprache schuld. "Luftdichte" hat schon eine andere Definition und bezeichnet eine physikalische Eigenschaft von Luft, wie dicht die Luft eben ist (also Masse pro Volumeneinheit). "Luftdichte" bedeutet also nicht, wie undurchlässig eine Gebäudehülle für Luft ist.

Ein weiterer Ausdruck, der in diesem Zusammenhang oft falsch verwendet wird, ist "Winddichtigkeit" (oder "Winddichtheit" oder "Winddichte", hier herrscht noch terminologisches Chaos). Bei "Winddichtigkeit" geht es um die Frage, ob Wind von außen in die Dämmung eindringen kann. "Luftdichtheit" hingegen bezieht sich auf den Luftdurchtritt durch die Gebäudehülle.

Priska Trauernicht  Sehnde, 21.2.2002

Interessant ist, dass eine Normung auf internationaler Ebene einen sehr zutreffenden neuen Ausdruck hervorbringen kann: In der als Europäische Norm entstandenen DIN EN 13829 ist in der deutschen Fassung von "Luftdurchlässigkeit" die Rede.

Diesen Text habe ich bei dem Kongress Luftdichtheit in Böblingen am 22.2.2002 zur Begrüßung der Gäste und zur Einstimmung auf das Thema benutzt. Ich durfte dort Frau Tuschinski von enev-online.de vertreten. Vielen Dank nochmals dafür.