Dipl.-Ing. Herbert Trauernicht, Gebäudemesstechnik
 

Gründe für Luftdichtheit


Ein luftdichte Gebäudehülle ist aus folgenden Gründen wichtig:

  • Vermeidung von Tauwasser in der Konstruktion
    Wenn warme, feuchte Luft aus dem Innenraum in den kälteren Bereich der Baukonstruktion gelangt, kann der enthaltene Wasserdampf kondensieren. Kalte Luft kann weniger Wasser halten als warme. Die sich niederschlagende Feuchte ist ein Nährboden für Schimmel und sonstige Pilze. Die Baukonstruktion nimmt Schaden.
  • Verringerung der Energieverluste
    Während bei der Wärmedämmung (Verringerung der Transmissionswärmeverluste) heute ein hoher Standard erreicht ist, ist die Luftdichtheit (Verringerung der Lüftungswärmeverluste) bisher zu wenig beachtet worden. Bei modernen Häusern schlägt der Lüftungswärmeverlust anteilmäßig mit über 50 Prozent zu Buche. Die Lüftungswärmeverluste lassen sich mit relativ geringem Aufwand reduzieren. Lektion Dämmung
     
  • Verhinderung des Eintrages von Luftschadstoffen in die Raumluft
    Je nach Windrichtung kann die Strömungsrichtung der Luft durch die Leckstellen des Gebäudes sich umkehren. Wenn die Luft in das Gebäude hinein strömt, können gesundheitsschädliche Fasern des Dämmmaterials in den Innenraum gelangen. Weiter ist zu beachten, dass sich Schimmel ansiedeln kann (siehe Punkt 1.) und durch die Strömungsrichtungsumkehr schädliche Schimmelsporen in die Atemluft gelangen können.
     
  • Vermeidung von kalten Fußböden im Erdgeschoss
    Kalte Außenluft, die durch die Gebäudehülle gelangt, fällt nach unten und bildet eine kalte Luftzone in Fußbodennähe. Kalte Füße sind die Folge.
     
  • Sicherstellung der Funktion der Lüftungsanlage
    Mit einer Lüftungsanlage mit oder ohne Wärmerückgewinnung möchte man den hygienisch notwendigen Lüftungsbedarf decken, ohne die Luft über die undefinierten Leckstellen der Gebäudehülle zu leiten. Luft strömt nur da, wo ein Druckgefälle vorhanden ist. Deshalb baut eine Lüftungsanlage geringe Druckdifferenzen zwischen innen und außen auf. Leckstellen stören dabei. Darum gelten beim Einbau von Lüftungsanlagen erhöhte Anforderungen an die Luftdichtheit.
     
  • Sicherstellung des Schalldämmmaßes von Bauteilen
    Bei der Schallübertragung herrschen ganz spezielle physikalische Gesetze. Bereits schmale Schlitze in einer Wand lassen die Wand als schalldurchlässig erscheinen. Die schallleitende Wirkung von kleinen Ritzen wird meist unterschätzt.
  • Sicherstellung der Dämmwirkung von Außenbauteilen
    Wärmedämmung beruht auf dem Einschluss von Luft in Hohlräumen des Dämmmaterials. Wenn das Dämmmaterial von Luft durchströmt wird, wird ihm die Wärme entzogen und das Dämmmaterial verliert seine Wirkung. Lektion Fugen

Wer sich mehr mit den bauphysikalischen Zusammenhängen befassen möchte, sei auch auf die sehr informative Internetseite von Moll bauökologische Produkte GmbH "pro clima" verwiesen.

Ist es sinnvoll, bei jedem einzelnen Haus die Luftdichtheit zu messen?

Ja, denn die erreichte Luftdichtheit bei verschiedenen Objekten ist sehr unterschiedlich. Die Ursachen für Leckstellen sind einfach zu vielfältig. Das Problembewusstsein ist bei vielen Handwerkern noch nicht ausreichend vorhanden. Die Grafik zeigt die Messergebnisse von 89 gleichartigen Häusern, die von mir untersucht wurden. Nur ein Teil der Messergebnisse liegt unter dem Grenzwert von 1,5 [1/h], der hier einzuhalten ist. Die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Lüftungsanlage ist bei manchen Objekten in Frage gestellt, von den übrigen zu erwartenden Problemen ganz zu schweigen.

Ergebnisses aus der Messpraxis:

Messergebnisse, die bei verschiedenen Bauobjekten des Typs "Häuser mit Lüftungsanlage" erzielt wurden. Stand: 28.12.2002

Eine umfangreiche Statistik über Messergebnisse stelle ich hier zur Verfügung: Statistik


Lektion Dämmung

Die Wirkung aller Wärmedämmung beruht auf den Lufteinschlüssen im Dämmmaterial (Zelluloseflocken, Kork, Woll-, Mineralfaser oder anderen Materialien):

Voraussetzung für die dämmende Wirkung dieser Lufteinschlüsse ist aber deren Schutz vor Luftbewegung. Deshalb ist bei der idealen Dämmkonstruktion der Dämmstoff allseitig abgeschlossen:

Auch die wärmedämmende Wirkung eines Wollpullovers beruht auf unbewegten Lufteinschlüssen in den Fasern: Sobald ein kalter Wind bläst, lässt die Dämmwirkung nach. Ziehen Sie eine dünne Windjacke darüber, ist die wärmende Wirkung wieder hergestellt.

Quelle: Moll, bauökologische Produkte


Lektion Fugen

Bei einer Dämmfläche von 1 m²; und einer Dämmstärke von 14 cm bewirkt eine Fuge in der Luftdichtung bei Normklima und einer geringen Luftdruckdifferenz, dass über diese Fuge 4,8 mal mehr Wärme verloren geht als über die gesamte Dämmfläche. Die Folge: der ursprünglich errechnete U-Wert stimmt nicht mehr.

Angenommen, für die Wärmedämmung in einem Dach wurde der U-Wert von 0,30 W/m²K errechnet. Weiter angenommen, beim Verlegen des Dämmmaterials entsteht pro m²; jeweils eine Fuge von 1 mm Länge. Würde man dieses Dach messen, bei Normwinterklima und der geringen Luftdruckdifferenz, dann wäre der tatsächliche U-Wert nach dem oben beschriebenen Beispiel statt 0,30 W/m²K nur 1,44 W/m²K (0,30 X 4,8).

Bei noch breiteren Fugen oder größerer Luftdruckdifferenz, entstehen über die Fuge noch wesentlich größere Wärmeverluste. Das kann so weit führen, dass sich Häuser bei starkem Frost und hohem Winddruck nicht mehr ausreichend beheizen lassen, obwohl der U-Wert der Dämmung richtig berechnet war.

Quelle: Moll, bauökologische Produkte